Greenpeace Freiburg beeindruckt mit einem bunten Strauß an Themen und Aktionsformaten. Wie die "Greenpeace-Familie" zu langjährigem Engagement motiviert, verrät uns Gruppenkoordinator Jonas Pyschik.
Greenpeace Freiburg ist eine von über 100 ehrenamtlichen Greenpeace-Ortsgruppen in Deutschland, die an Greenpeace Deutschland e.V. angegliedert sind. Greenpeace Freiburg arbeitet in Themengruppen zu Wald, Meere, Energie, Mobilität, Landwirtschaft, Konsum und Frieden. Zudem gibt es eine Jugend Aktionsgruppe für Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren sowie ein Team 50 Plus für Menschen ab 50 Jahren. Die StadtWandler-Redaktion hat mit Jonas Pyschik gesprochen. Er ist Gruppenkoordinator von Greenpeace Freiburg und Ansprechpartner der Gruppe für das Thema Landwirtschaft.
Kannst du mir von dem Moment erzählen, als du beschlossen hast, bei Greenpeace aktiv zu werden?
Es ging bei mir in der Schulzeit los. Da hatten wir nach einer Klassenfahrt zu viel Geld in der Kasse. Das sollte irgendwo hin gespendet werden. Ich hatte schonmal was von Greenpeace gehört und habe mich daraufhin nochmal ganz stark mit der Organisation auseinandergesetzt. Dabei habe ich gemerkt, dass das eine ziemlich coole Organisation ist, die sich auf jeden Fall für wichtige Sachen einsetzt, die mir sehr am Herzen liegen. Als ich dann nach Freiburg gezogen bin, habe ich gesehen, dass man sich hier auch ehrenamtlich bei Greenpeace engagieren kann. Da war dann für mich klar: ok das probierst du mal aus! Und das hat mir schon beim ersten Plenum so viel Spaß gemacht, dass ich gedacht habe: das kannst du auch weiter machen.
Was ist jetzt gerade deine persönliche Motivation dabei zu bleiben?
Es ist so eine Mischung. Zum einen, sollte ich später mal Kinder haben, will ich denen sagen können, dass ich was getan habe. Zum anderen hat sich Greenpeace vor eineinhalb Jahren so umgestellt, dass das Hauptziel die Einhaltung des 1,5 Grad Klimaziels ist. Ich finde es so wichtig, das Ziel einzuhalten, dass es Sinn macht sich mit voller Kraft auf dieses Ziel zu fokussieren.
Gab es mal einen Moment, in dem du am liebsten alles hingeschmissen hättest?
Also noch nie habe ich an der Organisation gezweifelt. Greenpeace ist so eine coole Organisation. Wenn man allerdings auf der Straße an einem Infostadt steht und dir die fünfte Person in Folge irgendwelche Verschwörungstheorien aufdrängt, da fragt man sich dann schon, warum man sich das antut. Lacht.
Und was motiviert dich dabei zu bleiben?
Es macht so Spaß mit den Leuten zusammen zu arbeiten. Bei Greenpeace hier in Freiburg sind so viele coole Leute dabei.
Man hat zum einen so eine Greenpeace-Familie, in der man sich umeinander kümmert, sowohl im Privaten als auch im Greenpeace-Rahmen. Und das ist verbunden mit dem ehrenamtlichen Engagement für eine bessere Welt und für Klimaschutz. Ich finde da gibt keine bessere Beschäftigung, mit der ich meine Freizeit verbringen könnte.
Was würdest du denn einer Person raten, die überlegt aktiv zu werden?
Warum man zu uns kommen soll? Lacht. Man sollte aktiv werden, denn wenn wir jetzt nicht handeln, ist es zu spät. Der Klimawandel wurde von der Politik in den letzten Jahren verschlafen. So langsam wird zumindest in der Bevölkerung das Ruder herumgerissen. Das sieht man gerade an den Schülerprotesten. Es gibt auf einmal ein stärkeres Klimabewusstsein. Der Politik klarer zu machen, dass wir absolut in einer Klimakrise sind und daran etwas ändern müssen, dafür lohnt es auf jeden Fall sich zu engagieren.
Was hat sich für die persönlich verändert seit du aktiv geworden bist? Hat sich etwas an deiner Welt, wie du sie wahrnimmst, verändert?
Ja auf jeden Fall. Wenn man Gruppenkoordinator ist, ist es auch nochmal was anderes, als wenn man sich normal engagiert.
Ich habe nochmal ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein bekommen, aber auch gesehen, dass die eigenen Werte auch von anderen geteilt werden.
Das finde ich schön bei Greenpeace, dass ich meine Wertvorstellungen ausleben kann, weil ich bei Greenpeace Leute gefunden habe, die sehr ähnliche oder gleiche Wertvorstellungen haben.
Was waren deine drei Aktions-Highlights der letzten Monate?
Das eine war die Make Something Week. Die läuft immer sehr gut und wurde auch dieses Jahr sehr gut angenommen. Es handelt sich dabei um eine konsumkritische Woche nach dem Black Friday, in der es ums Selbermachen, Upcycling, Wiederverwenden und Tauschen geht.
Auch die Siemens Aktion hat mir gut gefallen. Die war zwar nicht zwingend erfolgreich, aber trotzdem eine coole Aktion, weil sie innerhalb von kurzer Zeit echt gut auf die Beine gestellt wurde. Der Anlass für die Aktion war, dass Siemens Schienensignaltechnik an das Kohleprojekt Adani in Australien geliefert hat. Daraufhin haben wir vor der Freiburger Siemensfiliale gegen das Adani-Projekt demonstriert.
Und dann fällt mir gerade noch die Demo zur Automesse ein. Wir haben eine Critical Mass von der Innenstadt zum Messegelände gemacht. Unsere Kritik lautete, dass es nicht sein kann, dass in Freiburg - einer sogenannte Greencity - eine Automesse veranstaltet wird.
Das coole an der Aktion war, dass wir uns super mit anderen Gruppen vernetzt haben.
Die Aktion lief zusammen mit Extinction Rebellion, Fridays for Future, FR-Entscheid, Fossil Free und dem VCD. Das war super, dass wir alle zusammen Banner gemalt haben und gemeinsam die Fahrrademo zum Messegelände gemacht haben.
Wie plant ihr Eure Aktionen?
Es gibt für Aktionen zwei mögliche Wege. Zum einen kann es passieren, dass entweder Greenpeace Deutschland oder jemand Externes auf uns zukommt und uns als Gruppe einen Input gibt. Wenn wir dazu arbeiten wollen, bilden wir dann eine Art Taskforce, die aus Personen verschiedener Themengruppen besteht und planen so die Aktion. Darüber hinaus gibt es auch Gruppenaktionstage, die von Greenpeace Deutschland initiiert werden. Die finden deutschlandweit an einem bestimmten Tag in allen Städten statt, in denen es Greenpeace-Gruppen gibt.
Der häufigere Fall ist aber, dass wir uns selbst Aktionen in den Themengruppe überlegen. So sind zum Beispiel alle Kleidertauschpartys von der Landwirtschafts- und Konsumgruppe entstanden.
Woran arbeitet ihr gerade?
Wir haben zum einen das Thema Waldsterben neu aufgenommen. Seit letztem Sommer kam es in Deutschland durch die Dürre verstärkt zu Waldsterben, vor allem bei Buchen, die einfach vertrocknet sind. Dazu arbeiten wir. Außerdem sind wir in den Freiburger Fuß- und Radentscheid involviert, veranstalten regelmäßig Kleidertauschpartys, setzen uns für den Antarktisschutz und Meeresschutzgebiete ein und arbeiten neuerdings auch wieder verstärkt zum Thema Frieden.
Kannst du ein Projekt etwas genauer ausführen?
Im Zusammenhang mit dem Thema Landwirtschaft arbeiten wir zur Fleischkennzeichnung. Wir haben schon durchgesetzt bekommen, dass es in Deutschland einen Fleischherkunftskompass gibt, wo draufsteht, aus welchen Kategorien das Fleisch kommt [Die Kennzeichnung wurde im April 2019 eingeführt und ist freiwillig. Anm. der Redaktion]. Ob aus Stallhaltung, Initiative Tierwohl, Freiland und Biohaltung. Das ist eine Nummerierung von 1 (das schlechteste) bis 4 (das Beste). Das Ziel ist, dass die Kategorien 1 und 2 aus den Supermärkten verschwinden. Dazu recherchieren wir, welche Supermärkte Fleisch aus welchen Kategorien anbieten und wieviel davon Bio ist bzw. ob überhaupt Biofleisch angeboten wird.
Wenn wir einen großen Bogen schlagen und auf die Welt und das Klima schauen: Was glaubst du sind die wichtigsten Herausforderungen künftig für Freiburg?
Wir geben uns in Freiburg oft als Greencity aus und meinen alle schon zu wissen, wie es läuft und wie man Klimaschutz lebt. In manchen Aspekten mag das stimmen. Ich würde Freiburg aber gern in einer Vorreiterrolle sehen. Ich sehe hier große Chancen die Mobilität umzustellen, was ja auch der Fuß- und Radentscheid gerade probiert.
Ich wünsche mir, dass wir wirklich Vorreiter in Freiburg sind und auch mal größere Themen anpacken wie Mobilität.
Wenn du dir vorstellst, wenn du in 20 Jahren vor deine Haustür trittst, was hat sich im besten Fall in Freiburg oder – wenn du es global sehen willst – in der Welt geändert?
Im besten Fall ist das Klima in 20 Jahren kaum angestiegen. Ich hoffe, dass das Klima nicht schon über die 1,5 Grad gestiegen ist. Ich hoffe, dass wenn ich raus auf die Straße gehe, die Stadt etwas grüner ist, noch fahrradfreundlicher, noch fußgängerfreundlicher und es weniger Parkplätze gibt aber dafür mehr Parks.
Glaubst du, können wir die Welt noch retten?
Für Stadtwandler auf die Webseite sag ich mal ja. Lacht.
Was glaubst du, kann ein einzelner Mensch verändern?
So konkret oder ob ein einzelner Mensch was verändern kann?
Beides.
Ja, ein einzelner Mensch kann sehr viel verändern. Allein wenn man sich als Mensch engagiert und anderen seine Werte zeigt und seine Ideen präsentiert, hat man die Möglichkeit etwas zu verändern. Also sagen wir‘s mal so: nur wer‘s versucht, kann auch was erreichen.
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Hier noch ein paar Fakten:
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Greenpeace Freiburg gibt es seit 1989.
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Mit derzeit ca. 55 aktiven Mitglieder ist sie eine der größeren Umweltgruppen in Freiburg.
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Grundsätze von Greenpeace: Gewaltfreiheit, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit.
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Die Greenpeace-Treffen finden immer Donnerstagabend ab 19 Uhr im Haus des Engagement statt. Weitere Infos und Termine für Kennenlerntreffen findet ihr auf freiburg.greenpeace.de
Fotos in Header und Artikel: Greenpeace Freiburg