Am Freitag den 15.5. sind zahlreiche Radfans in einer großen kritischen Masse durch die Freiburger Straßen geradelt. So viel Radverkehr auf einem Haufen ist auch für Freiburg ungewöhnlich. Die Masse zeigt, wie viel Rückhalt die Forderungen nach einer Verkehrswende gerade auch in Corona-Zeiten haben.
Auf dem Platz der Alten Synagoge hat man am Freitag die Menschen vor lauter Rädern und Masken kaum erkannt. Allerlei muskelbetriebene Verkehrsmittel vom Hochrad über Liegerad bis zum mehrteiligen Anhängerzug waren zu bestaunen. In einer bunten Menge von - laut Veranstalter Fridays for Future - 1400 Menschen, darunter Familien mit Kindern, ältere Menschen, Schüler*innen, Berufstätige und anderen ging es fast eineinhalb Stunden klingelnd, singend, mit Musik und Rufen durch die Stadt. So fühlt sich Zukunft also an, wenn man auf einer für den Radverkehr gesperrten mehrspurigen Straße um die Innenstadt radelt. Da werden alternative Verkehrskonzepte der Zukunft vom Papier auf die Straße in die Gegenwart geholt. Sicherlich haben viele Teilnehmer*innen daraufhin von der autolärmfreien, sicheren und sauberen Zukunftsluft geträumt, die sie bei der Demo erschnuppern durften.
Ein wenig irritierend: am Leopoldring mussten kurzerhand ein paar Demoteilnehmende die Kreuzung vom Autoverkehr sichern. Der Demozug hatte sich an dieser Stelle etwas lang gestreckt und es hatten sich bereits Autos zwischen die Fahrräder gedrängt. Wäre es nicht eigentlich Aufgabe der Polizei gewesen, die Straße zu sichern? Mit so vielen Teilnehmenden haben wohl weder Veranstalter noch Polizei gerechnet. Die Autofahrenden waren jedenfalls nicht besonders amüsiert über die zivilen RadfahrInnen am Leopoldring, die sich ihnen in den Weg stellten. Wäre ich Auto gefahren, hätte mich die Masse an Radverkehr, der da so mir nichts dir nichts um die Ecke düst, sicherlich auch mindestens verwundert. Autofahrende Menschen sind in Freiburg ja vieles vom Radverkehr gewohnt, aber eine Critical Mass von der Größe ist dann doch eher selten. Und einreihen in die Demo kann man sich mit Auto leider auch nicht einfach so ohne die Radler:innen zu gefährden. Da kann schon mal Unmut aufkommen, wenn man in unserer zielstrebigen Gesellschaft auf dem Weg zu einem Termin fest steckt.
Die große Anzahl an demonstrierenden Menschen zeigt in jedem Fall, dass das Thema Verkehrswende gerade einen wichtigen Nerv in der Bevölkerung trifft. Gerade in Corona Zeiten entstehen in vielen Städten national und international Pop-Up-Bike-Lanes, das heißt es werden kurzerhand temporäre Fahrradstraßen ausgewiesen. Schon Mitte April hat der FR-Entscheid die Stadt Freiburg aufgefordert provisorische Radinfrastruktur für Freiburg während Corona zu schaffen. Nachdem von Seiten der Stadt keine Reaktionen kamen, hat die Initiative selbst bei einer Aktion gezeigt wie es auf dem Schlossbergring gehen kann (wir haben berichtet). Mit der Demo von Fridays for Future, Greenpeace, Extinction Rebellion, VCD, Fossile Free und dem Fuß- & Radentscheid Freiburg hat man nun nochmal ein sichtbares Zeichen gesetzt, mit dem sich viele Freiburger:innen durch ihre Teilnahme an der Demo solidarisierten.
PS: Critical Mass ist in Freiburg an jedem letzten Freitag im Monat um 18 Uhr. Die nächste findet am 29.05. statt. Vielleicht haben viele jetzt Lust bekommen, regelmäßig auf breiten Straßen durch die Stadt zu radeln. Weitere Termine findet ihr im StadtWandler-Kalender oder bei critical-mass-freiburg.de