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Leonie

Anti-Atom-Radtour – "die vermutlich längste Anti-Atom-Demo der Welt"

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Zusammenfassung

2.400 km und 5 Länder in 6 Wochen – Die Anti-Atom-Fahrradtour endete festlich vergangenen Samstag in Freiburg. Mit Stolz auf die erzielten Erfolge der Bewegung, aber auch mit Wut über die Debatte zur Laufzeitverlängerung und mit Energie für neuen Protest.

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Letzten Samstag war die letzte Etappe der Anti-Atom-Fahrradtour vom Kaiserstuhl nach Freiburg. Wir, die StadtWandler-Redaktion, waren dabei und haben ein paar Eindrücke für euch mitgenommen.

In Kürze:

  • Die Tour war für Veranstaltende und Mitradelnde ein großer Erfolg.
  • Ein Großteil der Teilnehmenden an der Anti-Atom-Tour sind bereits mehrere Jahrzehnte gegen Atomkraftwerke aktiv. Nur wenig junge Menschen nahmen Teil. Die Endlagerung betrifft jedoch gerade die jüngeren Generationen.
  • Der ursprüngliche Anlass der Tour war, das Abschalten der letzten Atommeiler zu feiern. Die Feierstimmung wurde allerdings getrübt von der derzeitigen politischen Debatte, einzelne Meiler weiter zu betreiben.
  • Anti-Atom-Organisationen kritisieren Sicherheitszustand der deutschen Atomkraftwerke.
  • Ein Weiterbetrieb der letzten Atomkraftwerke könnte nur etwa 1% des Gasverbrauchs in Deutschland einsparen.
  • Uran abzubauen sowie der Bergbau für Endlagerung benötigen viel CO2. Somit stößt Atomstrom deutlich mehr CO2 aus als Erneuerbare Energien.

 

    Empfangen von den festlichen Klängen des Basler Sicherheitsorchesters rollten am Samstag, den 3. September, etwa 100 Radelnde der Anti-Atom-Tour auf dem Platz der Alten Synagoge ein. Leuchtend gelbe Anti-Atom-Flaggen wehten und Menschen standen jubelnd Spalier, um die Radtour an ihrem Ziel zu begrüßen. Die Tour führte 2.400 km durch fünf Länder (Deutschland, Belgien, die Niederlande, Frankreich und die Schweiz) in 6 Wochen. Die Südtour begann am 13. August in Kahl am Main, fuhr unter anderem an den Kraftwerken Neckarwestheim und Fessenheim vorbei, durch die Schweiz und durch Wyhl und endete in Freiburg auf dem Platz der alten Synagoge.

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    Eigentlich sollte die Tour eine einzige große Erfolgsfahrt werden. Die Organisation .ausgestrahlt in Zusammenarbeit mit zahlreichen lokalen Anti-Atom-Initiativen und Umweltverbänden wollte den Ausstieg aus Atomenergie feiern - den Erfolg einer Bewegung. Es wurden jedoch nicht nur die Erfolge "beradelt", sondern auch Unmut und Protest ausgedrückt. Warum? Derzeit sind noch drei Atomkraftwerke in Betrieb, die laut Gesetz zum 31.12.2022 abgeschalten werden müssen. Weil die Regierung versucht den Gasverbrauch in Deutschland zu reduzieren, wird derzeit politisch diskutiert, diese Kraftwerke weiterlaufen zu lassen und evtl. bereits Abgeschaltete wieder in Betrieb zu nehmen. Das wollen die Anti-Atom-Aktivistis von .ausgestrahlt und Co. unbedingt verhindern. So wurde aus der Radtour „die mutmaßlich längste Anti-Atom-Demo der Welt“ für ein endgültiges Abschalten aller Kraftwerke zum Ende des Jahres 2022.

     

    AKW sind keine Pommesbuden“

    Armin Simon von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt sagt:

    „AKW sind keine Pommesbuden. Sie müssen Sicherheitsanforderungen erfüllen, die das Bundesverfassungsgericht definiert hat. Bei den drei noch laufenden Atomkraftwerken gibt es deshalb keinerlei Spiel für einen Weiterbetrieb über den 31.12.2022 hinaus. Diesen Realitäten muss die Regierung endlich ins Auge sehen“

    Daran schließt er eine Forderung an: Reaktoren, bei denen Risse nachgewiesen werden – sog. Spannungsrisskorrisionen - sollen abgeschaltet werden. Vorbild dafür sei Frankreich, wo diese Sicherheitsmaßnahme bereits getroffen wird.

    In Deutschland haben wir einen Wartungsstau.“, so auch Stefan Auchter vom BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein. „Neckar-Westheim ist 30 km von Stuttgart weg. Dort wurden Korrisionsschäden nachgewiesen. Ich verstehe nicht, wie man riskieren kann, Stuttgart zu evakuieren.“

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    Weiterbetrieb der Atomkraftwerke spart kaum Gas

    Lohnt es sich Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen, um Gas einzusparen? Laut der Energieberatung Energy Brainpool könnte man lediglich 1 % des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland einsparen, wenn die verbleibenden Atomkraftwerke weiterlaufen würden. [Energy Brainpool Factsheet]

    Wenn du mehr zur Frage „Atomkraft statt Gas - Lohnt sich das überhaupt?“ wissen willst, empfehlen wir dir diesen NDR-Artikel.

     

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    Atomstrom ist nicht CO2-frei

    Zwischen 30 und 60 Menschen sind jeden Tag auf der Tour mitgeradelt. Die einen sind nur einen Tag mitgefahren, andere mehrere Wochen. Viele Teilnehmende waren sehr begeistert von der Tour. Einige sind bereits mehrere Jahrzehnte für die Anti-AKW-Bewegung aktiv.

    „Was man deutlich sieht ist,“ so Stefan Auchter vom BUND, „dass Atomkraft für die jüngeren Generationen kein Thema war. Dabei hat zumindest die Endlagerung für Jüngere noch einen interessanten Aspekt: Sie müssen das ausbaden. Während der Tour haben wir viel mit jüngeren Leuten diskutiert, die den Argumenten von z.B. Markus Söder aufgesessen sind. Der redet von CO2-freiem Atomstrom. Das stimmt nicht. Für den Uranabbau muss sehr viel Bergbau betrieben werden sowie für die Endlagerung. Das eingerechnet, sind die CO2-Emissionen durch Atomenergie deutlich höher als die von Solar-, Wind- und Wasserenergie.“

    Wenn du mehr zu den CO2-Emissionen von Atomstrom erfahren möchtest, findest du Informationen beim Umweltbundesamt.

    Mit solchen und anderen Infos wurden die Teilnehmenden auf der Radtour reichlich versorgt. Die Gruppe machte regelmäßige Infostopps beispielsweise an Atomkraftwerken und Mahnmalen und traf dort auf Zeitzeugen aus der Anti-AKW-Bewegung und lokale Initiativen. Übernachtet wurde in Jugendherbergen und Turnhallen. Die mobile Küche „Fläming Kitchen“ aus Berlin versorgte die Radfahrenden mit vegan-vegetarischem Essen auf der gesamten Tour.

     

    Applaus und Solidarität für die Anti-Atom-Bewegung

    Stefan Auchter, Geschäftsführer des BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein begleitete die gesamte Südtour und war einer der Mitorganisatoren. Sein Fazit:

    „Die Tour hat unheimlich Spaß gemacht. Es war schön zu sehen, dass überall im Land noch Anti-Atom-Gruppen aktiv sind. Vor allem war es toll, dass viele Menschen, denen wir zufällig auf der Straße begegnet sind, uns ihre Solidarität gezeigt haben. Die haben uns zugewunken, uns Schokolade geschenkt, oder sind ein Stückchen mitgefahren. In der Bevölkerung gibt es also durchaus viel Rückhalt für unsere Position.“

     

    Das berichten andere:

     

    Der Blog von .ausgestrahlt bietet noch einige Impressionen und interessante Infos über Aktuelles und Geschichte der Bewegung sowie die Nutzung von Atomkraft in Deutschland.

     

    Wenn du Feedback, Fragen oder Hinweise zum Artikel hast, melde dich gerne bei info [at] stadtwandler.org (info[at]stadtwandler[dot]org)

     

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    Fotos von .ausgestrahlt

    Zuletzt geändert
    06.12.23, 23:57