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Veronika

Was tun gegen den Klimablues?

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Zusammenfassung

Bei einem Blick auf das Weltgeschehen kann man schon mal vom Weltschmerz überwältigt werden. Und was dann, im Homeoffice still ins Kissen weinen?! Vielleicht mal kurz, aber dann darf es weitergehen.

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Wie? Mit einer Hand voll Tipps von den Psychologist4F was man tun kann, wenn einem die Klimakrise mal wieder über den Kopf wächst.

Manche scheint das Thema Klimawandel wenig zu berühren. Andere dafür sehr. Der Klimablues kann sich durch das ganze Spektrum unangenehmer Gefühle äußern, Depressionen, Angst und traumatische Reaktionen können auftreten. Bei Klima- und Umweltaktivist*innen und Klimawissenschaftler*innen, also Menschen, die sich intensiv mit dem Thema Klimawandel beschäftigen, hat man das Phänomen der prätraumatischen Belastungsstörung beobachtet. Bei ihnen wurden ähnliche Symptome beobachtet, wie sie bei einer posttraumatischen Belastungsstörung auftreten. Der Unterschied ist, dass diese Symptome nicht durch ein vergangenes Trauma hervorgerufen werden, sondern durch die Katastrophen, die man in der Zukunft kommen sieht.

Solltest du bei einem oder mehreren der folgenden unangenehmen Gefühle eine Resonanz spüren, dann empfiehlt es sich den Artikel bis zu Ende zu lesen: Hoffnungslosigkeit, Wut, Verzweiflung, Schock, Schuldgefühle, Verdrängung, Trauer, Gefühl der Sinnlosigkeit, Ohnmachtsgefühl, Abspaltung von der Realität

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Klimagefühle
Klimagefühle
aus Klimakrise – Gesellschaftskrise. Graphic records von der Fachtagung Klimapsychologie, 22.08.2020. Illustrationen von Jai Wanigesinghe

Dipl. Psych. Astrid Kerner ist Psychotherapeutin und engagiert sich bei den Psy4F. Die StadtWandler-Redaktion hat mit ihr über einige der Strategien geredet, die die Psy4F im Umgang mit der Klimakatastrophe vorschlagen. Wie kann man es durchhalten, sich mit dem Thema Klimawandel zu beschäftigen, ohne in ein tiefes Loch zu fallen? Folgt man den folgenden Schritten, kann die eigene Klimaresilienz gefördert werden - also die Widerstandsfähigkeit in der Beschäftigung mit dem Klimawandel.

Resilienz oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf [...]Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.-Wikipedia

 

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Augen und Ohren zuhalten
Augen und Ohren zuhalten
aus Klimakrise – Gesellschaftskrise. Graphic records von der Fachtagung Klimapsychologie, 22.08.2020. Illustrationen von Jai Wanigesinghe
 

Wenn du mal wieder die Nachrichten gelesen hast und von einer Welle der Angst oder Wut überrollt wirst, dann ...

Zuallererst: Atmen. In der akuten Situation ist es hilfreich tief und bewusst durchzuatmen. Mehrmals. Den Atem beruhigen, indem du beim Ein- und Ausatmen jeweils langsam bis 4 zählst.

Eine Achtsamkeitsübung. Dir das unangenehme Gefühl als Welle vorzustellen hilft. Die Welle erst mal kommen lassen, sie beobachten und versuchen sie auszuhalten, hindurch zu atmen. Denn: die Welle ebbt auch wieder ab! Das Gefühl geht auch wieder weg. Du kannst auch deine Hände dahin legen, wo das Gefühl körperlich spürbar ist.  Dasselbe kannst du auch mit Gedanken machen: Gedanken kommen, wie Wolken am Himmel, schaue sie dir an und lasse sie weiter ziehen. Im Hier und Jetzt bleiben, wenn du ins Grübeln verfällst. Und atmen…

Gefühle akzeptieren. Wichtig ist es, nicht gegen diese Gefühle anzukämpfen. Sie sind nicht falsch oder gefährlich, sondern eine angemessene Reaktion auf die Bedrohung, der sich die Menschheit gegenübersieht. Die Gefühle als legitime Reaktion zu akzeptieren und dir bewusst zu werden, dass du mit ihnen umgehen musst, ist ein wichtiger Schritt. Angst ist ein überlebenswichtiges Signal, um rechtzeitig angemessen und effektiv auf eine Gefahr reagieren zu können.

Nicht: Ich bin krank und werde “verrückt“. Sondern: Mein Körper und meine Psyche reagieren angemessen auf eine bevorstehende Krise.

Nicht allein bleiben. Mit diesem Weltschmerz bist du nicht allein. Es hilft sich das klar zu machen und im Freundeskreis oder in einer Klima-Initiative über das Thema zu reden, mit in die Diskussion einzusteigen und seine Gefühle miteinander zu teilen. Lass dich unterstützen. Wenn gerade niemand da ist, kannst du dich bei den Psy4F melden (beratung [at] psychologistsforfuture.org).

Nicht: Allein ins Kissen weinen. Sondern: Gleichgesinnte finden und darüber reden.

Einen Mittelweg finden. Zwischen der Verdrängung der schwierigen Klimagefühle und einem Sich-drin-Verlieren und Katastrophisieren. Mithilfe von Achtsamkeitsübungen kannst du den Alltag besser meistern, um jeden morgen wieder aufstehen zu können. Wir können die unangenehmen Gefühle begrüßen, weil sie uns aktivieren, etwas gegen die Gefahr zu tun, die immer wieder zu diesen Gefühlen führt. So werden wir handlungsfähig.

Aktiv werden. Fokussiere dich darauf, was dir wichtig ist und lebe nach diesen Werten. Bemühe dich auf individueller Ebene um ein klimabewusstes Leben und engagiere dich aber auch klimapolitisch. Wie kannst  du dich einbringen, damit es zu systemischen und politischen Veränderungen kommt? Damit es zwischen dem, wie du lebst, und wofür du dich einsetzt, nicht zu Widersprüchen kommt, also zu einer „kognitiven Dissonanz“, sollte beides Hand in Hand gehen.

Krise als Chance nutzen. Du kannst die psychologische Krise in Anbetracht der Klimakrise auch nutzen, um zu deiner persönlichen und zur gesellschaftlichen Transformation beizutragen. Bin ich im richtigen Beruf oder Studium, sollte ich jetzt wechseln? Kann ich weniger arbeiten, um für andere Dinge mehr Zeit zu haben? Auf welchen Gebieten kann ich mein Wissen erweitern, um mich dynamisch an einer komplexen und ungewissen Zukunft beteiligen zu können? Aus der Menschheitsgeschichte und deren zeitlosen Weisheiten kann man lernen, wie Völker, z.B. Indigene, mit Katastrophen umgegangen sind:

„Die Verzweiflung ist nicht das letzte Gefühl, sondern ein Tor zu Wachstum, Kreativität und neuen Lösungen“

Sich abgrenzen. Der Fokus sollte nicht nur auf dem Klimawandel und dessen wahrscheinlichen Folgen liegen, z.B. nicht jeden Tag die Nachrichten lesen/anschauen; nicht immer nur Negatives hervorheben; sich nicht hineinsteigern. Es ist wichtig, die positiven Dinge nicht aus dem Auge zu verlieren. Schaue dich in deinem Umfeld genau um, was gerade gut läuft, und wofür du dankbar sein kannst, um den Sorgen etwas entgegenzustellen.

Nicht: Dich ausschließlich und rund um die Uhr mit der Klimakatastrophe beschäftigen. Sondern: Auch andere, positive Themen weiter in den Vordergrund stellen.

 

Dankbarkeit
Dankbarkeit
aus Klimakrise – Gesellschaftskrise. Graphic records von der Fachtagung Klimapsychologie, 22.08.2020. Illustrationen von Jai Wanigesinghe

Selbstfürsorge betreiben. Dich gut um dich selbst kümmern und auf genügend Freizeit achten. Was tue ich zum Ausgleich, um nicht auszubrennen? Dich in der Natur aufhalten und ihre Schönheit bewusst wahrnehmen, dich einem Hobby widmen, Sport und Bewegung, im Alltag Platz schaffen für Freundschaft, Liebe, Genuss und alles was dir ein gutes Gefühl gibt. Achte auch auf guten Schlaf.

Mut und Vertrauen statt falscher Hoffnungen oder Hoffnungslosigkeit. Für bestimmte Formen der Hoffnung ist es wahrscheinlich schon zu spät, wenn man sich die wissenschaftlichen Klimafakten anschaut; z.B. ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es technologische Wunder in letzter Minute geben kann. Es braucht angemessene Hoffnungen, wie die, dass die Klimabewegung weiter wachsen und durch Engagement das Bestmögliche versucht werden wird. Dabei ist es ist wichtig ein gesundes Maß zu finden, um dich nicht in blindem Aktionismus und falschem Optimismus zu verlieren.

Akzeptanz und Anpassung. Versuche zu akzeptieren, dass die Menschheit möglicherweise bereits die Kontrolle über den Klimawandel verloren hat und die Dinge sich verschlechtern werden. Wie können wir uns individuell und auch gesamtgesellschaftlich und global an eine ungewisse Zukunft anpassen?

Nicht: Darauf hoffen, dass wir den Klimawandel noch aufhalten können. Sondern: Mit Akzeptanz, Vertrauen und Mut das Beste aus den krisenhaften Entwicklungen machen.

Mitgefühl und Selbstakzeptanz. Mitgefühl mit dir selbst und mit dem Planeten. Mitgefühl dafür, dass du jetzt gut auf dich selbst, deine Mitmenschen und die Gesellschaft achten musst und ihr einen freundschaftlichen Umgang miteinander finden müsst. Deinen “inneren Kritiker“ entmachten und dich nicht dafür kritisieren, was du alles hättest besser machen müssen. 

 

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Dipl.-Psych. Astrid Kerner
Dipl.-Psych. Astrid Kerner

                                                             Dipl.-Psych. Astrid Kerner

 

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Zuletzt geändert
06.12.23, 23:57