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Autor
Leonie

Klimaschutz - Wer hat welches Konzept?

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Zusammenfassung

Welche Wege gibt es hin zu einem klimaneutralen Freiburg? Hier sind Antworten von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft

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Disclaimer: Dies ist ein Wiki-Beitrag. Das bedeutet der Artikel wird laufend aktualisiert, sollte es Neuerungen geben. Änderungen werden sichtbar gemacht.

[letzte Änderungen:]

  • [26.02.21] Politik: Warum erst 2050?
  • [02.07.21] Zivilgesellschaft: Fridays for Future
  • [23.07.21] (1) 50 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays. (2) 51 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays. (3) 30 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays.

Politik

Die Stadtverwaltung Freiburg will

  • bis 2030 60% der CO2 Emissionen einsparen im Vergleich zum Jahr 1992.
  • bis 2050 klimaneutral sein.

Was bedeutet das?

"Klimaneutral" berücksichtigt nur Emissionen, die "durch den direkten Energieverbrauch auf dem Stadtgebiet verursacht werden". Weitere Emissionen aus den Bereichen Ernährung, Konsum und überregionaler Mobilität werden nicht berücksichtigt. Das bedeutet: Wenn du als Freiburgerin Gemüse im Supermarkt aus Spanien kaufst, du dir einen Pulli made in Portugal im Laden holst oder mit dem Zug in den Italienurlaub fährst, wird das nicht mit eingerechnet. Trotzdem schließt das Klimaschutzkonzept Maßnahmen des individuellen Lebensstils mit ein. "Eine Aufnahme in die Bilanzierung wäre jedoch recht aufwendig, relativ teuer, und je nach Datengrundlage evtl. ungenau." - so die Begründung.

Es werden also nur die sog. energiebedingten Emissionen aus den Energieverbrauchssektoren private Haushalte, Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verkehr betrachtet.

Das heißt in der Bilanz sind kommunale Emissionen aus Strom- und Wärmeerzeugung, Mobilität, der Energieverbrauch von Gebäuden, und die Emissionen aus Industrie und Gewerbe enthalten.

Exkurs:

"Energiebedingte Emissionen entstehen durch die "Umwandlung von Energieträgern z.B. in Strom und Wärme entstehen. Sie machen [aktuell] etwa 85 % der deutschen Treibhausgasemissionen aus."

Nicht-energiebedingte Emissionen entstehen "als Produkt einer chemischen Reaktion [...], die keine Verbrennung ist." Das sind zum Beispiel "flüchtige Emissionen aus Energiesektoren, Emissionen aus Industrieprozessen, Produktverwendung, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft."

Und in Zahlen?

Im Klimaschutzkonzept wird empfohlen "ein Ziel von (temperaturbereinigt) 0,4 t/a CO2e [1] pro Einwohner*in für das Jahr 2050 festzulegen." Das bedeutet "eine relative Minderung der Pro-Kopf-Emissionen bis 2050 um 96,5 Prozent gegenüber 1992."

Das Zwischenziel von 60 Prozent CO2 -Einsparungen bis 2030 würde einen Zielwert von etwa 4,6 t/a pro Einwohner*in im Jahr 2030 bedeuten.

Im Jahr 2016 lagen die Emissionen bei 7,38 Tonnen pro Kopf. Das heißt 37,2 Prozent niedriger als im Jahr 1992. Aktuellere Zahlen sind noch nicht verfügbar.

Wo steht das?

Das alles ist nachzulesen im Klimaschutzkonzept der Stadt Freiburg.

Zudem wurde 2019 noch ein Klima- und Artenschutzmanifest veröffentlicht.

Was steht da noch so drin?

Im Klimaschutzkonzept werden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um das Klimaschutzziel zu erreichen. Es werden verschiedene Sektoren angesprochen, darunter Wohnen / private Haushalte, Mobilität, Wirtschaft, Konsum und Ernährung, Energie / Stromversorgung. Laut Umweltamt ist das Besondere am Freiburger Konzept, dass es auch einen Fokus auf das Thema Ernährung und Lebensmittelbeschaffung legt.

Wie wird geschaut, ob's funktioniert?

Das Monitoring erfolgt über die städtische Klimaschutzbilanz. Derzeit wird die Bilanz für 2017 und 2018 erstellt. Die Bilanzen werden mit mindestens zwei 2 Jahren Verspätung erstellt. Das liegt laut Umweltamt daran, dass die Energiedaten nicht früher verfügbar sind. Nächstes Jahr will sich Freiburg mit dem European Energie Award zertifizieren lassen. Das ist eine Zertifizierung für Kommunen bzgl. der Nachhaltigkeit ihrer Klimaschutz- und Energiepolitik.

Durch Monitoring kann gesehen werden, ob die Maßnahmen genügen. Bei Bedarf wird bei den Maßnahmen nachgesteuert.

Warum erst 2050?

Im Oktober 2020 hat das Wuppertal Institut im Auftrag von Fridays for Future eine Studie veröffentlicht. Daraus geht hervor: Deutschland könnte bis 2035 klimaneutral werden, wenn auch mit großen Anstrengungen verbunden.

Die Stadt Freiburg entgegnet mit Gutachten für Freiburg, erstellt von ifeu und Öko-Institut e.V., auf denen sie ihre Entscheidung für klimaneutral 2050 stützt.

Die Stadt Freiburg macht vor allem auf die Aussage aus dem Gutachten des ifeu aufmerksam:

"Um das Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können, reicht die Gestaltungsmacht von Kommunen nicht aus."

Das Öko-Institut sagt:

"Es ist jedoch klar, dass die Umsetzung der beschriebenen Schritte [gemeint: Maßnahmen für klimaneutral 2035, Anm. Redaktion] eine deutliche Änderung des Lebens und Wirtschaftens in der Gesellschaft bedeuten würde, und gesellschaftlich, politisch und auch technisch eine kaum zu meisternde Herausforderung darstellen würde. Nichtsdestotrotz ist das Erreichen der Klimaneutralität früher als 2050 bzw. mindestens eine deutlich
raschere und deutlich stärkere Reduktion der aktuellen Emissionen aus Sicht des Klimaschutzes und auch aus Sicht der Menschheit eine essentielle und erstrebenswerte Aufgabe."

Die Stadt Freiburg erkennt an, dass "eine deutlich frühere Zielerreichung wissenschaftlich notwendig erscheint und eine Beschleunigung der Emissionsreduktion mit hoher Priorität verfolgt werden sollte."

Folgende bundesweite Rahmenbedingungen schränken laut Angaben der Stadt Freiburg deren Handlungsspielraum jedoch ein:

"das Gebäudeenergiegesetz, das Erneuerbare Energien Gesetz, die derzeitige Gestaltung der CO2-Abgabe, die Schwerpunktsetzungen in der Verkehrspolitik sowie die gesetzgeberische Haltung im Bereich klimaschonender Ernährung."

Kritik:

Fridays for Future fordern die Stadt Freiburg dazu auf, konkrete Einsparziele für die Jahre 2021 bis 2030 zu benennen und offenzulegen, in welchen Sektoren wie viele Reduktionen erfolgen sollen. Klimaneutralität bis 2050 sei zu wenig ambitioniert, um die Pariser Ziele zu erreichen. Ein großer Kritikpunkt der Fridays ist die Intransparenz. Die Ziele sollten konsequent "überprüft und transparent verfolgt werden" (Fridays for Future 2020 in "Forderungen für ein klimagerechtes Freiburg").

 

 

Wirtschaft

Die Industrie und Handelskammer erarbeitet derzeit ein Klimaschutzkonzept, ein Veröffentlichungsdatum ist aber noch nicht bekannt. Laut eigenen Angaben wird damit im 1. Quartal 2021 gerechnet.

 

Zivilgesellschaft

Fridays for Future will

  • Klimaneutralität der Stadt Freiburg bis 2030,
  • dass "die gesamte Stadt mitsamt ihrer Wirtschaftskreisläufe" umgebaut wird.

Wie kam's dazu?

Fridays for Future haben seit Anfang des Jahres 2020 daran gearbeitet, ihre Forderungen zu überarbeiten. Anlass: Seit den Forderungen der Fridays von 2019 an die Stadt habe sich nicht viel getan, so die Initiative. Es wurde zwar ein Klima- und Artenschutzmanifest veröffentlicht, aber das sei zu wenig.

Das Ergebnis:

Fridays for Future fordert die Stadt unter anderem auf

  • konkrete Einsparziele für die Jahre 2021 bis 2030 zu benennen und offenzulegen, in welchen Sektoren wie viele Reduktionen erfolgen sollen.
  • besseres Monitoring: Die realen CO2-Emissionen mit Ablauf eines jeden Jahres sollen schnellstmöglich offengelegt werden. Es soll geprüft werden, ob die jährlichen Ziele erreicht werden mithilfe von "unabhängige Gutachten zu Wirksamkeit und Schwächen"
  • Graue Energie einberechnen: "Graue Energie, die in den Bau aller Projekte im Stadtgebiet einfließt, soll offengelegt und eingerechnet werden."
  • Keine Einberechnung von CO2-Zertifikaten, die aus Kompensationsprojekten im Globalen Süden erworben wurden.
  • Klimawandel-Folgekosten einberechnen: "Die Kosten, die aus den Folgen der Klimakrise entstehen, müssen ab sofort in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Stadt Freiburg eingepflegt werden. So soll der wirtschaftliche Fokus in Zukunft auf Nachhaltigkeit und Gemeinwohl gelegt werden."

Die kompletten Forderungen finden sich im neue Forderungs-Katalog, den die Fridays im November 2020 veröffentlicht haben.

Der Katalog enthält eine Reihe sehr konkreter Forderungen, die nach Sektoren aufgeteilt sind. Beispiele sind ein Mobilitätspass, die verbesserte Taktung der Züge oder die Eindämmung des Betonverbrauchs.

Wer war beteiligt?

An der Erarbeitung der Forderungen konnten sich alle beteiligen, die interessiert waren. Zu den verschiedenen Sektoren wurden zudem einzelne Menschen mit Expertise angefragt.

Was sagt die Stadtverwaltung dazu?

Die Stadtverwaltung hat am Dienstag, den 29.06.21 eine Stellungnahme in der Gemeinderatssitzung veröffentlicht, die hier nachlesbar ist: https://ris.freiburg.de/vorlagen_details.php?vid=4633003100109

Die Stadtverwaltung stuft dort die Maßnahmen der Fridays ein in

(1) "Vorschlag befürwortet, ist in Arbeit oder umgesetzt" : 50 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays.

(2) "Vorschlag teilweise befürwortet, teilweise umgesetzt oder wird geprüft: 51 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays.

(3) "Vorschlag nicht unterstützt oder nicht umsetzbar": 30 Vorschläge aus dem Katalog der Fridays.

Es wird derzeit geprüft, ob 30 Maßnahmen aus dem Katalog von der Stadtverwaltung umgesetzt werden.

Artikel dazu in der BZ und im Amtsblatt

Was antworten die Fridays?

"1) Innerhalb der Stadtverwaltung gibt es erhebliche Bemühungen, um Freiburg klimaneutral zu machen, die FFF als wertvoll und wichtig anerkennt.
2) Gleichzeitig zeigt die Antwort das politische Zögern der Verwaltungsspitze rund um OB Martin Horn, was nötige effektive Infrastrukturmaßnahmen bremst und die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze unmöglich macht."

komplette Stellungnahme

"Vergangenen Montag hat die Stadt Freiburg ausführlich auf die kommunalen Forderungen von Fridays for  Future Freiburg aus dem November 2020 geantwortet. Die Aktivist*innen sind dankbar für die  
konstruktive Antwort und ziehen aus dieser nun zwei Schlüsse:  
1) Innerhalb der Stadtverwaltung gibt es erhebliche Bemühungen, um Freiburg klimaneutral zu machen,
die FFF als wertvoll und wichtig anerkennt.
2) Gleichzeitig zeigt die Antwort das politische Zögern der Verwaltungsspitze rund um OB Martin Horn,  
was nötige effektive Infrastrukturmaßnahmen bremst und die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze unmöglich
macht.
"Wir fordern daher den Oberbürgermeister auf, den Ernst der Klimakrise anzuerkennen und seine  
politischen Entscheidungen an diesem Notstand auszurichten", sagt Lukas Gress von FFF Freiburg. Es  
brauche neben Maßnahmen wie der Eröffnung eines Schaubauernhofs und Imagekampagnen für einen
nachhaltigen Lebensstil vor allem die Errichtung einer Infrastruktur für eine klimaneutrale und gerechte  
Zukunft, betonen die Aktivist*innen. Dazu gehöre der Ausbau der erneuerbaren Energien, die  
Einführung eines CO2-Schattenpreises für die Verwaltung von 180 € pro Tonne sowie ein  
festgeschriebener CO2-Reduktionspfad entlang der Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens von  
2015. "Wir brauchen politischen Mut, um die größte Krise der Menschheit gemeinsam zu bewältigen!",  
so Lukas Gress weiter.
Fridays for Future sei offen für einen konstruktiven Dialog und biete dem Oberbürgermeister einen  
regelmäßigen Austausch zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen an.  
"Nur wenn wir lösungsorientiert und gemeinsam die Klimakrise angehen, können wir die nötige Wende  
schaffen", stellt Jule Pehnt von FFF Freiburg fest. "Martin Horn muss die politische Richtungsentscheidung treffen und darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen!", betont Jule Pehnt weiter."

Wichtige Begriffe:

Einheit t/a CO2 e: Tonnen pro Jahr CO2 Äquivalent. CO2 Äquivalent ist eine Einheit, um verschiedene Treibhausgase dahingehen zu vergleichen, wie sehr sie zum Treibhauseffekt beitragen. Beispiel: Methan trägt viel stärker zum Treibhauseffekt bei als CO2. In einer Zeitspanne von 100 Jahren trägt es 28 mal mehr zum Treibhauseffekt bei. Das heißt das CO2 Äquivalent von Methan ist 28.

 

 

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Zuletzt geändert
06.12.23, 23:57