Die gemeinderätliche Entscheidung zur Ausscheibung der Energieversorgung Dietenbach wirft Fragen auf. Die Wichtigste: Wie kann es zukünftig anders, besser, gehen?
Überblick
Was ist passiert? Die Stadtverwaltung hat einen städtebaulichen Wettbewerb eingeleitet, um das beste Konzept für den neuen Stadtteil Dietenbach zu finden. Bei diesem Wettbewerb haben Planungsbüros Vorschläge eingereicht, wie der Stadtteil Dietenbach zukünftig aussehen könnte. Dabei ging es (in der zweiten Wettbewerbsphase) auch um Konzepte zur Energieversorgung des Stadtteils. Aus den eingereichten Vorschlägen hat die Stadtverwaltung einen Sieger ausgewählt. Für die Detailplanung der Energieversorgung hat die Stadtverwaltung dann aber ein anderes Ingenieurbüro beauftragt. Dieses Ingenieurbüro hat im Auftrag der Stadtverwaltung dann drei alternative Varianten zusätzlich zum Siegerentwurf ausgearbeitet. Die Details dieser Studie wurden erst Ende Oktober von der Stadtverwaltung veröffentlicht.
Im Juli hatte aber der Gemeinderat nur eine sehr dürftige Zusammenfassung zur Verfügung, die so verkürzt war, dass selbst Fachleute die Ergebnisse nicht nachvollziehen konnten. Die vier Varianten wurden dann anhand mehrerer Bewertungskriterien verglichen. Nach diesen Kriterien hat ein Konzept am besten abgeschnitten, das sich grundlegend vom Siegerentwurf unterscheidet. Statt einer dezentralen Erzeugung mit einem sogenannten kalten Nahwärmenetz soll nun der gesamte Wärmebedarf zentral erzeugt und durch ein heißes Nahwärmenetz verteilt werden.
Daraufhin kritisierte ein Expertenkreis aus den Bereichen Energie- und Architektur inhaltlich das von der Stadtverwaltung als am besten bewertete Konzept. Das Konzept sei weder klimaneutral noch kostengünstig und verfehle damit die zentralen politischen Ziele, die der Gemeinderat aufgestellt hat, so die Kritik (siehe unten).
Mehrere Fraktionen (Die Grünen, Eine Stadt für alle, SPD/Kulturliste, CDU, JUPI und FDP/Bürger für Freiburg) haben die Kritikpunkte in einer gemeinsamen Anfrage an die Stadtverwaltung aufgenommen. Die Stadtverwaltung hat prophezeit, dass bei Verzögerung des Prozesses erhöhte Kosten drohen.
In der Gemeinderatssitzung zum Energiekonzept Ende Juli wurden die Fragen nicht diskutiert. Stattdessen beschloss der Gemeinderat, die Ausschreibung des Stadtverwaltungsfavorits einzuleiten. Die Beantwortung der Fragen sollte danach erfolgen und auf dieser Grundlage Vergabekriterien entschieden werden. (Beschluss)
Abseits von den ebenfalls relevanten inhaltlichen Fragen zum Energiekonzept wirft der Prozess Fragen zum demokratischen Vorgehen auf.
Wir fragen die Fraktionen: Welche Konsequenz hat das für Sie als Fraktion?
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Wir sehen kein Problem im Prozess. Wir würden das beim nächsten Mal wieder genauso machen.
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Ist blöd gelaufen, aber beim nächsten Mal wird das nicht wieder passieren.
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Der Prozess ist so falsch gelaufen, dass er am besten mit vollständigen Informationen neu diskutiert werden sollte.
Im Falle von B oder C: Was muss strukturell geändert werden?
Diese Fragen zum Vorgehen sind nicht nur für den Fall Dietenbach relevant. Auch für Kleineschholz hat die Stadtverwaltung ein Energiekonzept vorgelegt, von dem sie wollte, dass es der Gemeinderat zusammen mit dem Rahmenplan für Kleineschholz am 26.10.21 beschließt. Auch hier hat die Stadtverwaltung das Energiekonzept mit nur wenig Hintergrundinformationen und Details dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt. Im Gegensatz zu Dietenbach hat der Gemeinderat für Kleineschholz den Beschluss über das Energiekonzept in der Sitzung nicht getroffen, sondern die Entscheidung vertagt und zuerst die Beantwortung von inhaltlichen Fragen durch die Stadtverwaltung angeordnet.
Wie könnte es anders gehen?
Aus einem Kreis von Expertinnen und Experten aus dem Bereich Planung, Wissenschaft und Energie, der das Energiekonzept Dietenbach inhaltlich kritisiert (siehe Hintergrundartikel), kommen auch Vorschläge für ein demokratischeres und transparenteres Verfahren zur Auswahl eines Energiekonzeptes: Analog zum Gestaltungsbeirat, der die Stadtverwaltung hinsichtlich ästhetischer Gesichtspunkte berät, soll es auch einen Klimabeirat geben. In diesem Klimabeirat sind Expertinnen und Experten, die Energiekonzepte ab einer gewissen Größe kommentieren. Das sollte bereits im Rahmen des Planungsprozesses stattfinden, also als Grundlage für eine Diskussion im Gemeinderat und in Vorbereitung auf den Beschluss. Oder besser noch, so Nona Bosse, Architektin und Sprecherin des Planungsbeirats der Architektenkammer Freiburg, man würde einen ganzheitlichen Beirat einrichten, der sämtliche Zielkonflikte bei größeren städtebaulichen Vorhaben von öffentlichem Interesse im Auge behält. In diesem Beirat sollten sowohl Stadtveraltung als auch externe Architekt*innen und Energieplanende mit ihrer Expertise vertreten sein, um gemeinsam die besten Konzepte zu finden.
Zudem empfiehlt Harald Schäffler, Energieplaner und Vorstand des fesa e.V., dass ein Energiekonzept bestimmte formale Standards erfüllen sollte, die die Stadtverwaltung zusammen mit dem Gemeinderat und externen Expert*innen festlegen könnte. So könnte garantiert werden, dass zum Beispiel die Kosten transparent dargestellt werden und eine umfassende Untersuchung sämtlicher Versorgungsvarianten stattfindet.