Zentral oder dezentral? KfW 40 oder 55? Kaltes oder heißes Nahwärmenetz? Was ist wirtschaftlicher?
Führen höhere Effizienzstandards und kalte Nahwärme mit dezentraler Erzeugung inkl. Kühlung zu höheren Kosten verglichen mit einem zentralen Versorgungskonzept? Experten sagen: Nein.
Der Expertenkreis Architektur und Energie hat am Freitag, den 19.11.21, ein Webseminar veranstaltet. Wir veröffentlichen die Zusammenfassung mit freundlicher Genehmigung als Gastbeitrag.
Gastautoren: Martin Ufheil (solares bauen GmbH) und Harald Schäffler (fesa e.V., solargeno eG, schäffler sinnogy).
Eine kosten- und klimagerechte Energieversorgung für die Dietenbach ist möglich. Das zeigen die Referenten unseres Webseminars zu Praxisbeispielen, an dem über 70 Personen teilgenommen haben.
Herr Lotter von der Quartiersentwicklung der EnBW AG erläutert,
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dass sie Quartiere – wenn Quellen verfügbar – grundsätzlich mit kalter Nahwärme, dezentraler Wärmepumpen und PV-Anlagen planen,
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dass Kühlung immer mit geplant wird,
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dass sie bei größeren Projekten modular ausbauen, um offen zu sein für Entwicklungen im Markt, bei den Fördermitteln und bei Technologien,
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dass ihre Quartiere eine hohe Autarkiequote von 70 bis 90 % und damit eine sehr hohe Kostenstabilität und Unabhängigkeit erreichen,
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dass sie bei hochverdichteten Stadtquartieren mit Investitionskosten von rund ca. 10.000 € pro Wohneinheit kalkulieren (zum Vergleich: Variante 4: 15.000 € pro WE).
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und dass die EnBW-Quartiersentwicklung sich an der laufenden Ausschreibung nicht beteiligen werden, weil das geplante Geschäftsmodell nicht zu ihrer Philosophie passt.
Herr Disch, Architekt und Bauträger der Klimaplushäuser in Schallstadt, erläutert,
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das die PV-Anlagen auf seinen Gebäude deutlich mehr Strom produzieren als verbraucht wird – inkl. Elektromobilität,
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dass seine Gebäude mit kalter Nahwärme versorgt werden inkl. natürlicher Kühlung,
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dass die Mehrkosten für KfW 40+ rund 7.500 € pro Wohneinheit betragen im Vergleich zu KfW 55, die Förderung aber 33.750 €,
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das die Wärmekosten so gering sind, dass auf eine Messung und verbrauchsgenaue Abrechnung verzichtet wird,
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und dass diese Häuser genauso und sogar noch besser auch in Dietenbach oder in Kleinescholz gebaut werden könnten.
Herr Ufheil, Geschäftsführer des Büros solares Bauen, erläutert in einem Wärmekostenvergleich,
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dass bereits vor 20 Jahre im Vauban hocheffiziente Gebäude mit einem Wärmebedarf von nur rund 30 kWh/m2 gebaut wurden. Die Wärme kostet bezogen auf 100 m2 – nur 251 € pro Jahr,
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dass die Plusenergiehäuser in Schallstadt rund 36 kWh/m2 benötigen, die Wärmekosten betragen rund 460 € pro Jahr,
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dass die Wärme für eine 100 m2-Wohnung in Dietenbach – basierend auf den aktuellen Planungen – hingegen rund 920 € pro Jahr kosten dürfte,
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und dass der Spitzenreiter Gutleutmatten mit rund 1000 € Wärmekosten pro Jahr ist.
Die Darstellung, dass höhere Effizienzstandards, kalte Nahwärme mit dezentraler Erzeugung inkl. Kühlung zu höheren Kosten führen im Vergleich zu einem zentralen Versorgungskonzept, lässt sich daher nicht aufrechterhalten.
Zu den Webseminar Videos:
- Gesamtes Webseminar: Klimaneutrale Quartiere in der Praxis - Modell für Dietenbach?
- Achim Lotter, EnBW: Klimaneutrale Quartierskonzepte aus Versorgersicht
- Rolf Disch, Architekt: Klimaplushäuser in der Neuen Mitte Schallstadt: Modell für Dietenbach?
- Martin Ufheil, solares bauen GmbH: Benchmarks für Dietenbach? Energiekostenabrechnung im Vergleich
Weitere Infos auf www.klimaneutrales-freiburg.de.